top of page
Logo_Gold_RGB.png
THOMAS GEYER

„Der frühe Morgen ist die Zeit der Tiere. Die Natur ist am lebendigsten, wenn der Mensch gerade noch schläft. Kurz darauf zieht sich die Natur wieder in sich selbst zurück und verweigert sich unserer Wahrnehmung. Ein knappes Zeitfenster schließt sich und der Mensch dominiert erneut das Geschehen.“
– Thomas Greyer

virtuelle Hängung_Thomas Geyer.jpg
VERFÜGBARE WERKE 

Der abwesende Mensch und die Darstellung des Blicks

»Die wesentliche Eigenschaft der symbolistischen Kunst besteht darin, eine Idee niemals begrifflich zu fixieren oder direkt auszusprechen«.  (Jean Moréas)

Blicken wir auf die Arbeiten von Thomas Geyer, so präsentieren sie sich uns auf den ersten Blick aufgeräumt, geordnet und harmonisch. Wir sehen Landschaften im ländlichen Raum, der zwar durch den Menschen erschlossen ist, in dem er selbst jedoch nur indirekt – etwa über die Darstellung eines Hauses – anwesend ist. Es ist Nacht, vielleicht scheint der Mond am Himmel. Bei genauerer Betrachtung beginnt die Komposition sich zu brechen: Die Kirche in der Nacht wird von einem Licht beschienen, das eigentlich so nur am Tag vorkommt, die klaren Umrisse verschwimmen bei genauem Hinsehen zu Unschärfen. Und wo befinden wir selbst uns als Betrachter eigentlich? Der Blick verstellt sich uns wie durch einen Vorhang aus Schatten (vielleicht Pflanzen?), die gleichzeitig das Gesehene rahmen und zu einer formalen Komposition verbinden. Sind nicht vielleicht sogar wir es, die aus dem Dunkeln auf das eigentlich hell erleuchtete Haus blicken?

Der Mensch jedenfalls ist im Bild selbst abwesend, ebenso das, was man vielleicht eine Bildhandlung nennen könnte und beides ist dennoch irgendwie präsent. Gerade durch die wohldurchdachte, wohlkomponierte Ruhe der Szene entsteht ein Spannungsfeld, eine unsichtbare, vielleicht noch nicht geschehene, vielleicht lange vergangene Handlung deutet sich an – nämlich das Leben in den Häusern, auf die wir als Fremde schauen und gewissenermaßen impulsiv reagieren. Betrachtet man die Arbeiten von Thomas Geyer, entsteht das Gefühl, in einer Bildgeschichte ohne seriellen Charakter zu stecken. Und je länger der Betrachter sich mit dieser befasst, desto mehr scheint von dem auf, was im Bild eben nicht explizit gezeigt wird. 

Im Spannungsfeld zwischen Licht und Dunkelheit, Tag und Nacht, Sichtbarem und Unsichtbarem strahlen Geyers Bilder Ruhe und Harmonie aus. Er nutzt Landschaften als Spielwiese für verschiedene Szenarien. Seine Werke sind surreal, dunkel, atmosphärisch, geheimnisvoll, manchmal ironisch. Er konstruiert Bilder, platziert seine Akteure – oft auch Fabeltiere - in teils sichtbaren, teils verborgenen Lebensräumen. So rückt der Künstler in die Nähe einer Malerei, die als „Neuer Symbolismus“ bekannt ist und von KünstlerInnen der neuen Leipziger Schule wie Katrin Heichel, Mirjam Völker und Markus Matthias Krüger vertreten wird. Die Symbolisten hinterfragen die Realität, befassen sich mit unbewussten Prozessen und machen oft auch Themen wie Träume oder das Unerklärliche zum Bildthema. Der Mensch als Schöpfer tritt angesichts der Ruinenlandschaften und Nachtansichten zurück – was vom Menschen übrig blieb, sind die von ihm geschaffenen Überreste seiner Existenz.

Als „Ruinen“ der menschlichen Existenz sind Thomas Geyers Gebäude nicht zu sehen, vielmehr arbeitet er sie über Flächen und Farbigkeiten zum Bildzentrum heraus, um das sich alles dreht. Sie stehen symbolisch für die menschliche Existenz in ihnen und in der Landschaft um sie herum und sind Gefäß für mannigfaltige Lesarten des Betrachters. Immer bewusster wird uns beim Betrachten auch unsere eigene Perspektive: Von wo aus blicken wir auf diese Landschaft, erahnen das Leben darin? Warum? Welchen Bezug nehmen wir dazu ein? So könnte man vielleicht sogar sagen, das Thema der Bilder ist der Blick und der Bezug, der sich zwischen uns als Betrachter und dem verborgenen Leben entspinnt, von dem die dargestellten Gebäude Zeuge sind. So sind die Werke auch immer Spiegel auf uns selbst.

Thomas Geyer, geb. 1980, lebt und arbeitet in Leipzig. Er studierte an der dortigen HGB bei Sighard Gille und Annette Schröter. Seine Arbeiten zeugen von der neuen Leipziger Schule, weisen jedoch einen ganz eigenen Stil auf. Mit seiner Eitempera-Maltechnik, einem alten, aufwendigen Verfahren, trägt er sensibel dünne Farblasuren Schicht für Schicht auf.

bottom of page